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    Das blieb von der einzigen Guidovia - Schmalspur einmal anders

    Karl
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    Das blieb von der einzigen Guidovia - Schmalspur einmal anders Empty Das blieb von der einzigen Guidovia - Schmalspur einmal anders

    Beitrag  Karl Gestern um 09:33

    Was ist eine Guidovia ? Die Idee entstand in Oberitalien in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg. Die Motorisierung des Verkehrs in Folge des Krieges machte den unzähligen Lokalbahnen in Italien – die überwiegend mit Dampflokomotiven betrieben wurden – massiv zu schaffen. Wollte man sie erhalten waren innovative Ideen gefragt und eine davon war der technische Ansatz, der heute eigentlich sich noch bei den gummibereiften Metros wiederfindet. Die Führung des Fahrzeugs erfolgt nach dem klassischen Rad- Schiene Prinzip, die Kraftübertragung jedoch über Gummireifen auf Beton. Der einzige vollumfängliche Anwendungsfall dieses italienischen Patents erfolgte bei der Guidovia San Quirico (nahe Genua) – Nostra Signore della Guardia. Seit dem Jahr 1000 pilgern die Menschen auf den Monte Figogna zum Wallfahrtsort „Unserer Signora der Gnaden“. Die heutige, großzügig angelegte, weithin sichtbare Kirchenanlage geht auf das Jahr 1926 zurück und war ursächlich für den Bau der Guidovia.
    Bereits Ende des 19. Jahrhunderts gab es Überlegungen für eine Dampf-Zahnradbahn. In den Jahren vor dem ersten Weltkrieg sollte eine elektrische Zahnradbahn oder sogar eine Luftseilbahn gebaut werden. Letztlich fiel die Entscheidung zugunsten des damals hoch innovativen Systems der Guidovia. Zwischen 1925 und 1929 entstand eine anspruchsvoll in schwieriges Gelände gelegte Strecke mit einer Länge von 10,6 km, einer maximalen Steigung von 83%o bei einem überwundenen Höhenunterschied von 704 Metern. Die Trasse bietet noch heute grandiose Ausblicke auf das Meer, die Stadt Genua und das gebirgige Hinterland. Errichtet wurde die Strecke mit einer Spurweite der Führungsschienen von einem Meter und zwei Betonstreifen von 25 cm für die Hartgummireifen. Neben den beiden Endbahnhöfen wurden 7 Kreuzungsstationen, zwei Tunnel und ein Stahlbetonviadukt errichtet. Zwischen 1926 und 1955 wurden eine Lokomotive, 11 Triebwagen, 2 Beiwagen und 2 Güterwagen beschafft. Die Triebwagen verfügten über je 18 Sitz-und 40 Stehplätze und waren als Benzin bzw. Diesel-Einrichtungsfahrzeuge ausgeführt, womit an den Endstationen mittels Drehscheiben gewendet werden mußte. An hohen Feiertagen wurden bis zu 3000 Fahrgäste gezählt – ein anspruchsvolles Programm für diese kleine Bahn.
    1963 erfolgte der Bau einer Autostraße zum Wallfahrtsort. Damit war das Transportmonopol der Guidovia gebrochen und so wurde der Betrieb am 31.10.1967 eingestellt. Die Fahrzeuge wurden für diverse Nachnutzungen verwendet – vollständig erhalten blieb bis heute lediglich der Triebwagen 1. Bahnhof und Remise in San Quirico wurden im Jahr 2003 abgerissen. Um die Jahrtausendwende gab es wiederholt Überlegungen zur Reaktivierung dieses einmaligen Transportsystems in moderner Form. Ab 2006 wurde der spektakuläre Streckenabschnitt zwischen Sareto und der Wallfahrtskirche als Wander- und Fahrradweg saniert und die Fahrbahn der Guidovia freigelegt. Diese Eisenbahn archäologische wertvolle Strecke bietet neben abwechslungsreicher Landschaft einen Bahnkörper bei dem man glauben könnte, dass im nächsten Moment eine Guidovia ums Eck biegen könnte. Ein technisches Denkmal der Sonderklasse bestückt mit zahlreichen Infotafeln zu dieser einmaligen Bahn des 20. Jahrhunderts.


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    800: Motorwagen der Guidovia im Talbahnhof San Quirico (Foto: Internet)

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    772: Idyllische Streckenführung im oberen Drittel der Strecke – die Betonfahrbahnen neben den Fahrschienen sind gut erhalten

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    774: Eine von 7 Kreuzungsstellen – diese große Anzahl erlaubte bei starkem Verkehrsaufkommen an hohen Feiertagen einen dichten Betrieb mit bis zu 11 Fahrzeugen

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    776: Zwei erhaltene Tunnel zeigen die aufwendige Trassierung dieser spannenden Schmalspurbahn

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    792: Wenden eines Motorwagens im Talbahnhof San Quirico (Foto: Infotafel Guidovia)

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    796: Eröffnung der Guidovia im Jahr 1929 im Talbahnhof San Quirico

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    799: Zwei Motorwagen im Bergbahnhof Nostra Signore della Guardia zur Zeit der Eröffnung der Bahn (Foto: Infotafel Guidovia)

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    OYN: Talbahnhof San Quirico in den 1930er Jahren (Foto: Internet)

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    7-01: Remise mit Motorwagen im Talbahnhof San Quirico (Foto: Internet)

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    11-01: Der 1955 gelieferte Motorwagen 11 – sein Aufbau wurde in Aluminium gefertigt – im Bergbahnhof Nostra Signore della Guardia (Foto: Internet)


    Text und Fotos - soweit nicht gekennzeichnet – Gunter Mackinger 05.10.2024


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    Das blieb von der einzigen Guidovia - Schmalspur einmal anders Empty Innovativ, aber sicher nicht besser als damalige Alternativen

    Beitrag  Trambino Gestern um 12:52

    Von dieser Bahn hatte ich noch nie gehört. Es gab zweifellos gewichtige Gründe, warum dieses Verkehrssystem keine weitere Verbreitung fand.
    Hartgummi auf Betonfahrstreifen, das bedeutete beim Stand der Technik der zwanziger Jahre langsame, rumpelige Fahrt, deutlich bescheideneren Fahrkomfort als bei einer klassischen Straßenbahn oder einem Omnibus mit Luftreifen. Die Steigung von 83 Promille hätte sich auch mit dem Stahlrad-auf-Stahlschiene-System bewältigen lassen, die Linzer Pöstlingbergbahn und die Lissaboner Straßenbahnlinie 28 haben steilere Abschnitte.
    3000 Fahrgäste pro Tag bedeuten etwa 100 Fahrten mit den kleinen Motorwagen je Richtung, das erforderte einen erheblichen Personaleinsatz.
    Es ist erstaunlich, daß Bahnanlage und Fahrzeuge überhaupt fast 40 Jahre durchgehalten haben.
    Den Verantwortlichen wurde sicher ein innovatives Transportsystem mit geringeren Anlagekosten als eine elektrische Straßenbahn versprochen.
    Ähnliche Argumentation führte in jüngerer Zeit dazu, daß sich einige Bürgermeister eine "Straßenbahn auf Gummireifen" aufschwatzen ließen, die sich letztlich als im Unterhalt aufwändiger und teurer erwies.
    Guidovia ist sicher eine Kuriosität, auch dieses erhalten gebliebene Fahrzeug (Foto aus Wikimedia):
    Das blieb von der einzigen Guidovia - Schmalspur einmal anders Ranco_-_museo_dei_trasporti_Ogliari_-_automotrice_Autoguidovia_Madonna_della_Guardia
    Solche Kuriositäten zeugen von wiederholten vergeblichen Versuchen, etwas besseres und wirtschaftlicheres als die 1881 von Werner Siemens erstmals eingesetzte elektrische Straßenbahn zu erfinden.
    Trambino

      Aktuelles Datum und Uhrzeit: So 24 Nov 2024, 07:25