Hallo,
heute möchte ich Euch eine ganz besondere Dampflok vorstellen, die legendäre bayerische S 3/6. Roco brachte damals, im Jahr 2000, ein hervorragendes Modell auf den Markt, welches auch heute noch zeitgemäß ist. Doch zunächst ganz kurz zum Vorbild: Um dem immer größer werdenden Bedarf an neuen Schnellzuglokomotiven gerecht zu werden, entschieden die Königlich Bayerische Staatseisenbahnen ab 1908 eine moderne Schnellzuglok bei J.A. Maffei, München, bauen zu lassen. Entsprechend dem bayerischen Nummernschema wurden die neuen Loks als "S3/6" (sprich: Es Drei-Sechstel) eingeordnet, unter diesem Namen sind sie auch heute noch bekannt. Das "S" steht dabei für Schnellzuglokomotive, es sind 3 von 6, also 3/6 der Räder angetrieben. Der Tender wird grundsätzlich nicht mitgezählt.
Bedingt durch die lange Bauzeit der S 3/6 von 23 (!) Jahren gab es natürlich eine Menge an Bauartunterschieden. Besonders auffällig waren zum Beispiel die 18 "hochrädrigen" Loks, Baujahr, 1912, oder die ab 1923 von der Deutschen Reichsbahn eingeführten neuen Führerhäuser. Zuvor machte das typische "Windschneidenführerhaus" zusammen mit der kegeligen Rauchkammertür die Loks besonders attraktiv. Die 89 Lokomotiven der Baujahre 1908-1918 wurden noch an die Bayerische Staatsbahn geliefert. Da die später von der DRG projektierten Einheitslokomotiven noch nicht in kurzer Zeit serienmäßig geliefert werden konnten, entschied man sich, die bewährte S 3/6 weiter zu beschaffen. Es entstanden weitere 70 Maschinen, die als 18 479 ff. eingeordnet wurden. Die letzten Loks (18 531-548) wurden 1930/31 sogar noch von Henschel, Kassel abgeliefert.
Die meisten Lokomotiven verblieben nach dem zweiten Weltkrieg bei der Deutschen Bundesbahn. Eine Maschine, die 18 434, gelangte sogar nach Ostdeutschland und wurde erst später wieder in ihre "Heimat" zurückgeholt. Als Ausgleich dafür und aufgrund intensiver Bemühungen von Max Baumberg bekam die DR dafür die 18 314, eine ehemalige badische IV h.
Nachdem ein Teil der Loks bereits sehr beansprucht, aber weiterhin unverzichtbar war, entschied man sich, 30 Lokomotiven zu modernisieren. Dies betraf jedoch ausschließlich 18.5, also "Nachbauten" und keine der "echten" S3/6. Kernstück der Umbauten war ein neuer Kessel mit Verbrennungskammer (d. h. zurückgesetzter, in den Langkessel geschobener Feuerbüchsrohrwand). Die neuen Loks wurden als 18 601 ff. eingeodnet. Zusammen mit ihren Altbauschwestern waren sie lange Zeit, u. a. auf der Allgäustrecke von München nach Lindau, unverzichtbar. Die nicht umgebauten Maschinen wurden bis 1962, die restlichen spätestens 1965 augemustert. Lediglich 18 505 überlebte beim Lokversuchsamt in Minden und erhilt sogar noch die Computernummer 018 505-8.
Etliche Loks, darunter sogar ein Exemplar mit 2 Meter Kuppelrädern (18 451, ehem. 3634 im Deutschen Museum, München) oder die Umbaulok 18 612 (DDM, Neuenmarkt-Wirsberg), blieben erhalten. Auch die letztgebaute "echte" (bayerische) S 3/6, und somit die letzte mit Windschneidenführerhaus, 18 478, blieb erhalten und gelangte über Umwege zum BEM nach Nördlingen. Dort war sie von 1996 bis 2004 wieder betriebsfähig, wenn auch historisch nicht korrekt mit verschiedenen Anstrichen der Firma Märklin (Hellgrün, dunkelblau und violett/beige). Märklins Insolvenz verhinderte eine erneute Aufarbeitung, doch mit anderen Sponsoren wurde 2010 ebenfalls ein Weg gefunden, die Loklegende wieder dampfen zu lassen. Glücklicherweise trägt sie nun auch wieder ihren historisch korrekten, dunkelgrünen Anstrich. Und das, obwohl die mitlerweile über 100 Jahre alte Lok immer noch ihren Oridinalkessel besitzt.
Doch nun zum erstklassigen Modell. Bedingt durch ihre Herkunft wird die Lok auch "Königin der Schiene" genannt, und ich finde, diesem Namen macht auch das Modell alle Ehre:
Roco gibt mit seinem Modell der bay. 3618 die blaue Lackierung wieder, die das Vorbild 1910 in Brüssel trug. Im Streckendienst fuhr aber, sieht man mal von der Nördlinger 18 478 ab, nie eine blaue S 3/6, und daher gibt es die nächsten Bilder, ganz vorbildgerecht, ohne Zug
Optisch ist die Lok immer noch zeitgemäß. Besonders der Frontbereich besticht durch das perfekt nachgebildete Vierzylinder-Verbundtriebwerk (ohne Innentriebwerk), die Kegelige Rauchkammertür sowie die feinen Puffer und Lampen. Da ich lieber eine Betriebslok habe, habe ich das Foto-und-Vitrinen-Zubehör nicht montiert. Im Wesentlichen betrifft das die Kolbenstangenschutzrohre sowie lange, in den Schwenkbereich des vorderen Drehgestell ragende Aufstiegsleitern. Aber das tut ihrem Erscheinungsbild doch nur geringen Abbruch, oder?
Aus dieser Perspektive werden die geneigten Innenzylinder, und natürlich das bayerische Staatswappen, besonders deutlich:
Vorbildlich wurde auch die Nietbauweise umgesetzt. Aus dieser Perspektive fallen die fehlenden Zurüstteile aber dann doch auf...
Etwas kompensiert wird das Ganze durch das wunderschöne Windschneidenführerhaus, ein Markmal aller Bayerischen S 3/6. Es unterstreicht die elegante Erscheinung des Modells, ist aber trotzdem relativ schlicht. Der Lokführer arbeitet direkt über Nachlaufache, welche leider nicht zur Stromaufnahme herangezogen wird. Im Modell spendiert man ihm sogar einen (immitierten) Holzfußboden.
Doch nun zur soliden Technik der Lok. Im Tender findet der bewährte Roco-Fünfpoler mit Schwungmasse Platz, der über ein Schnecken-/Stirnradgetriebe zwei Tenderachsen antreibt. Zudem wird eine Kardanwelle - durch das Führerhaus - in die Lok geführt, sodass die letzte Treibachse ebenfalls angetrieben wird. Die Kuppelstangen nehmen natürlich die beiden anderen Kuppelräder auch mit. Das ein sehr guter Kompromiss, denn zum einen muss so ein Modell ja nicht übermäßig viel ziehen, zum anderen konnte somit der wunderschön durchbrochene Rahmen realisiert werden. Außerdem werden blockierende Kuppelräder vermieden. Das ganze Gestänge konnte trotzdem relativ schlank ausgeführt werden:
Die Stromaufnahme ist sehr gut, zudem sind die Radschleifer relativ versteckt eingebaut. Oder habt Ihr sie etwa erkannt?
Als Abschluss gibt es nochmal zwei Aufnahmen, damit es nicht wieder heißt, es gibt zu wenig Bilder hier im Forum.
Wie immer gilt: Wer bei der Lok noch das ein- oder andere Detail sehen möchte - ist kein Problem. Da geht schon noch was! Auch kann ich gerne, wenn hier jemand ernsthaftes Interesse an den Bildern zeigt, diese nochmal für 800px. optimiert hier ins Forum setzen (die jetzt sind für 1280 px und dann einfach nur verkleinert - hat aber auch so schon genug Arbeit gemacht...)
Viele Grüße, natürlich aus Bayern , und noch eine schöne Woche,
Oli
Edit (4.8.2013): Bilder überarbeitet neu eingestellt.
heute möchte ich Euch eine ganz besondere Dampflok vorstellen, die legendäre bayerische S 3/6. Roco brachte damals, im Jahr 2000, ein hervorragendes Modell auf den Markt, welches auch heute noch zeitgemäß ist. Doch zunächst ganz kurz zum Vorbild: Um dem immer größer werdenden Bedarf an neuen Schnellzuglokomotiven gerecht zu werden, entschieden die Königlich Bayerische Staatseisenbahnen ab 1908 eine moderne Schnellzuglok bei J.A. Maffei, München, bauen zu lassen. Entsprechend dem bayerischen Nummernschema wurden die neuen Loks als "S3/6" (sprich: Es Drei-Sechstel) eingeordnet, unter diesem Namen sind sie auch heute noch bekannt. Das "S" steht dabei für Schnellzuglokomotive, es sind 3 von 6, also 3/6 der Räder angetrieben. Der Tender wird grundsätzlich nicht mitgezählt.
Bedingt durch die lange Bauzeit der S 3/6 von 23 (!) Jahren gab es natürlich eine Menge an Bauartunterschieden. Besonders auffällig waren zum Beispiel die 18 "hochrädrigen" Loks, Baujahr, 1912, oder die ab 1923 von der Deutschen Reichsbahn eingeführten neuen Führerhäuser. Zuvor machte das typische "Windschneidenführerhaus" zusammen mit der kegeligen Rauchkammertür die Loks besonders attraktiv. Die 89 Lokomotiven der Baujahre 1908-1918 wurden noch an die Bayerische Staatsbahn geliefert. Da die später von der DRG projektierten Einheitslokomotiven noch nicht in kurzer Zeit serienmäßig geliefert werden konnten, entschied man sich, die bewährte S 3/6 weiter zu beschaffen. Es entstanden weitere 70 Maschinen, die als 18 479 ff. eingeordnet wurden. Die letzten Loks (18 531-548) wurden 1930/31 sogar noch von Henschel, Kassel abgeliefert.
Die meisten Lokomotiven verblieben nach dem zweiten Weltkrieg bei der Deutschen Bundesbahn. Eine Maschine, die 18 434, gelangte sogar nach Ostdeutschland und wurde erst später wieder in ihre "Heimat" zurückgeholt. Als Ausgleich dafür und aufgrund intensiver Bemühungen von Max Baumberg bekam die DR dafür die 18 314, eine ehemalige badische IV h.
Nachdem ein Teil der Loks bereits sehr beansprucht, aber weiterhin unverzichtbar war, entschied man sich, 30 Lokomotiven zu modernisieren. Dies betraf jedoch ausschließlich 18.5, also "Nachbauten" und keine der "echten" S3/6. Kernstück der Umbauten war ein neuer Kessel mit Verbrennungskammer (d. h. zurückgesetzter, in den Langkessel geschobener Feuerbüchsrohrwand). Die neuen Loks wurden als 18 601 ff. eingeodnet. Zusammen mit ihren Altbauschwestern waren sie lange Zeit, u. a. auf der Allgäustrecke von München nach Lindau, unverzichtbar. Die nicht umgebauten Maschinen wurden bis 1962, die restlichen spätestens 1965 augemustert. Lediglich 18 505 überlebte beim Lokversuchsamt in Minden und erhilt sogar noch die Computernummer 018 505-8.
Etliche Loks, darunter sogar ein Exemplar mit 2 Meter Kuppelrädern (18 451, ehem. 3634 im Deutschen Museum, München) oder die Umbaulok 18 612 (DDM, Neuenmarkt-Wirsberg), blieben erhalten. Auch die letztgebaute "echte" (bayerische) S 3/6, und somit die letzte mit Windschneidenführerhaus, 18 478, blieb erhalten und gelangte über Umwege zum BEM nach Nördlingen. Dort war sie von 1996 bis 2004 wieder betriebsfähig, wenn auch historisch nicht korrekt mit verschiedenen Anstrichen der Firma Märklin (Hellgrün, dunkelblau und violett/beige). Märklins Insolvenz verhinderte eine erneute Aufarbeitung, doch mit anderen Sponsoren wurde 2010 ebenfalls ein Weg gefunden, die Loklegende wieder dampfen zu lassen. Glücklicherweise trägt sie nun auch wieder ihren historisch korrekten, dunkelgrünen Anstrich. Und das, obwohl die mitlerweile über 100 Jahre alte Lok immer noch ihren Oridinalkessel besitzt.
Doch nun zum erstklassigen Modell. Bedingt durch ihre Herkunft wird die Lok auch "Königin der Schiene" genannt, und ich finde, diesem Namen macht auch das Modell alle Ehre:
Roco gibt mit seinem Modell der bay. 3618 die blaue Lackierung wieder, die das Vorbild 1910 in Brüssel trug. Im Streckendienst fuhr aber, sieht man mal von der Nördlinger 18 478 ab, nie eine blaue S 3/6, und daher gibt es die nächsten Bilder, ganz vorbildgerecht, ohne Zug
Optisch ist die Lok immer noch zeitgemäß. Besonders der Frontbereich besticht durch das perfekt nachgebildete Vierzylinder-Verbundtriebwerk (ohne Innentriebwerk), die Kegelige Rauchkammertür sowie die feinen Puffer und Lampen. Da ich lieber eine Betriebslok habe, habe ich das Foto-und-Vitrinen-Zubehör nicht montiert. Im Wesentlichen betrifft das die Kolbenstangenschutzrohre sowie lange, in den Schwenkbereich des vorderen Drehgestell ragende Aufstiegsleitern. Aber das tut ihrem Erscheinungsbild doch nur geringen Abbruch, oder?
Aus dieser Perspektive werden die geneigten Innenzylinder, und natürlich das bayerische Staatswappen, besonders deutlich:
Vorbildlich wurde auch die Nietbauweise umgesetzt. Aus dieser Perspektive fallen die fehlenden Zurüstteile aber dann doch auf...
Etwas kompensiert wird das Ganze durch das wunderschöne Windschneidenführerhaus, ein Markmal aller Bayerischen S 3/6. Es unterstreicht die elegante Erscheinung des Modells, ist aber trotzdem relativ schlicht. Der Lokführer arbeitet direkt über Nachlaufache, welche leider nicht zur Stromaufnahme herangezogen wird. Im Modell spendiert man ihm sogar einen (immitierten) Holzfußboden.
Doch nun zur soliden Technik der Lok. Im Tender findet der bewährte Roco-Fünfpoler mit Schwungmasse Platz, der über ein Schnecken-/Stirnradgetriebe zwei Tenderachsen antreibt. Zudem wird eine Kardanwelle - durch das Führerhaus - in die Lok geführt, sodass die letzte Treibachse ebenfalls angetrieben wird. Die Kuppelstangen nehmen natürlich die beiden anderen Kuppelräder auch mit. Das ein sehr guter Kompromiss, denn zum einen muss so ein Modell ja nicht übermäßig viel ziehen, zum anderen konnte somit der wunderschön durchbrochene Rahmen realisiert werden. Außerdem werden blockierende Kuppelräder vermieden. Das ganze Gestänge konnte trotzdem relativ schlank ausgeführt werden:
Die Stromaufnahme ist sehr gut, zudem sind die Radschleifer relativ versteckt eingebaut. Oder habt Ihr sie etwa erkannt?
Als Abschluss gibt es nochmal zwei Aufnahmen, damit es nicht wieder heißt, es gibt zu wenig Bilder hier im Forum.
Wie immer gilt: Wer bei der Lok noch das ein- oder andere Detail sehen möchte - ist kein Problem. Da geht schon noch was! Auch kann ich gerne, wenn hier jemand ernsthaftes Interesse an den Bildern zeigt, diese nochmal für 800px. optimiert hier ins Forum setzen (die jetzt sind für 1280 px und dann einfach nur verkleinert - hat aber auch so schon genug Arbeit gemacht...)
Viele Grüße, natürlich aus Bayern , und noch eine schöne Woche,
Oli
Edit (4.8.2013): Bilder überarbeitet neu eingestellt.
Zuletzt von Knolps am So 04 Aug 2013, 17:36 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet