Es(s)bahner Mo 19 Okt 2020, 17:42
Moin. Wenn ich mich als Es(s)bahner jetzt nicht angesprochen fühle, wann dann!
Direkt zu Spur S findet man nicht sehr viel. Wenn man aber die Hersteller kennt, dann läßt sich da doch hier und da was rausfinden. Ich erwähne bei der Gelegenheit auch gleich die Spur Z0 (1/60), weil die oftmals als Untergruppe der Spur S betrachtet wird. Und Z0 ist noch unbekannter als Spur S.
Genormt wurde Spur S in Amerika 1944 mit einem Maßstab von 1/64 und einer Spurweite von 7/8 Zoll (22,2mm). Die Bezeichnung "S" soll verschiedenen Quellen zufolge vom Maßstab Sixtyfuor oder von der Spurweite sieben-achtel Zoll kommen.
Mitte der 1920er Jahre begannen die Hersteller mit der Produktion von uhrwerkbetriebenen Tischbahnen. Bing und Bub kamen dabei den Abmessungen der Spur S recht nahe. Ich habe eine Bub-Bahn aus der Zeit um 1926-30, die problemlos auf heutigen Spur-S-Gleisen läuft und auch von den Proportionen dazu paßt.
1934/35 entwickelte Märklin eine elektrische Tischbahn in Größe der heutigen Spur S, stoppte die serienreife Entwicklung aber mit Erscheinen der 00-Bahn von Trix im Jahr 1935.
Angefangen hat mit einer industriellen Produktion von dieser Spur die Firma Cleveland im Jahr 1933 oder 1936 (auch hierzu gibt es unterschiedliche Angaben). Cleveland baute vorher - und auch heute noch - Flugzeugmodelle. Die Bahnen von Cleveland wurde als CD-Spur vermarktet. 1939 wurde die Produktion von Gilbert übernommen und in deren American Flyer-Programm eingereiht. Gilbert führte die Produktion bis 1966 fort, dann war erstmal Schluß mit Spur S. Lionel reaktivierte diese Spur im Jahr 1976 wieder und baut bis heute
1938 startete Ladislav Straski in der Tschechei mit einer elektrischen Bahn mit den Proportionen der Spur S, aber der Spurweite 24mm (also Spur Z0) - bekannt als LASTRA-Bahn. Nachdem Straski 1953 in den Westen übersiedelte führte sein Sohn noch kurz die Firma und dann war mit elektrischen Bahnen Schluß. Die Firma baute fortan als IGRA / IGLA Uhrwerksbahnen in Spur S und 0.
1939 begann die deutsche Firma Berges ebenfalls in der Tschechei mit einer Uhrwerksbahn 24mm, aber den Proportionen eher von Spur 0. Mehr ist da nicht zu finden. Nach der Vertreibung der Deutschen 1945/46 übernahm die Maschinenfabrik Bor 1946 die Produktion und vertrieb das Erzeugnis als BORA. Schon 1947 wurde aber auf elektrischen Antrieb und Spur 0 umgestellt und die Produktion 1950 eingestellt.
Aus Italien habe ich eine Uhrwerksbahn von Ingap, die irgendwann um 1950 hergestellt sein könnte. Weil wir schon mal in Italien sind, F.A.G.E. versuchte sich kurz nach dem Krieg mit Modellbahnen in den Größen 0 und S. Mehr ist da nicht zu finden - selbst ital. MoBa-Foren schreiben dazu, daß sie den Schleier über FAGE wohl niemals lüften werden.
1947 startete Bub mit einer Uhrwerksbahn, um dann ab 1949 elektrische Bahnen in Spur S zu bauen. Allerdings ist die Spurweite mit 23mm falsch gewählt. 1958 gab Bub die Spur S auf.
Ebenfalls kurz nach dem Krieg starteten einige Firmen im Großraum Berlin kleinere Produktionen in der Größe Z0. Bekannt wurde die als "Berliner Spur". Zu den Firmen zählten Malo, Bergmann&Co, Luise Herr, Rehse und Gebert (Auszählung ist garantiert nicht vollständig), die ganze Modelle oder auch Einzelteile bzw. Baugruppen anboten. Aber schon um 1952 war damit wieder Schluß.
Übrigens wurde 1953 die Baugröße S in Europa mit einem Maßstab 1/64 und einer Spurweite von 22,5mm genormt.
Gleichfalls im Jahr 1953 startete die Firma Galvanik Weimar ihre Produktionen von Uhrwerksbahnen in den Größen 0 und S. Später hieß die Firma dann VEB Metallspielwaren Weimar. Die Produktion lief ohne Unterbrechung bis 1992(!). Dazwischen gab es eine Zusammenarbeit zwischen MSW und den Ankerwerken Eisleben, welche für ihre Bahnen die gleichen Uhrwerke und Schienen wie MSW benutzten. Anker baute aber im Maßstab 0m.
Kurz nach dem Krieg gab es auch Erzeugnisse aus Österreich in den Spuren S und Z0. Genannt seien hier Göls, MB22 und Serles. Aber darüber wißt Ihr sicherlich mehr als ich zu berichten - her damit, ich lerne gerne dazu!
In England fertigte die Firma Palitoy ab 1951 Spielbahnen in der Größe S. Leider habe ich dazu noch nichts weiter herausfinden können. Heutzutage müssen SpurS-Bahner auf der Insel ihre Modelle komplett selber bauen. Es gibt aber Firmen, die einzelne Bauteile oder auch Baugruppen bis hin zu kompletten Untergestellen liefern.
1956 begann die Produktion von Spur S in der VEB Metallwarenfabrik Stadtilm (ehem. Liebmann Stadtilm). Dafür endete deren Spur 0-Produktion. Die MeTaWa produzierte bis Anfang 1964, dann wurden sie noch kurzzeitig dem Gelenkwellenwerk Stadtilm zugeschlagen und dann endete die Produtkion.
In Frankreich baute JeP von 1952 bis 1960 Uhrwerks- und elektrische Bahnen in Spur S. Von den Proportionen her sind diese Modelle aber viel zu klein. Und die Franzosen messen die Schienenkopfmitten, so daß statt von Spur S von der Spur 25mm gesprochen wird. Auch von Joustra finden sich einige Modelle, die zwar nicht als Spur S bezeichnet wurden, aber auf SpurS-Gleisen laufen.
Paya wollte Ende 1958 in die Spur H0 einsteigen und fertigte versehentlich Bahnen mit 22mm. Die Produktion wurde nach kurzer Zeit wieder gestoppt. Dadurch, und weil Paya-Modelle sich wg. Zinkpest äußerst schnell auflösen, sind Spur S Modelle von Paya heutzutage nur sehr schwer zu finden und dann auch meistens in sehr schlechtem Zustand.
Aus Polen findet sich noch eine Bahn von ZUT die aus der Zeit ca. 1965-1970 stammen dürfte.
Daneben finden sich noch Erzeugnisse aus Rumänen (ein stromlinienförmiger Triebwagen ist da bekannt), aus Ungarn soll es eine Straßenbahn ähnlich der tschechischen Tatra-Bahnen geben (ich habe eine, da ist ein IRGA-Zeichen drauf, weshalb ist der Geschichte mit der Ungarischen Straßenbahn nicht ganz traue) und aus der UdSSR / Russland gibt es Modelle. Auch in China und Japan wurden zumeist batteriebetriebene Bahnen in der Größe S nach amerikanischen Vorbildern gefertigt. Die japanischen Hersteller sind dabei äußerst schlecht zu unterscheiden, weil die meist nur "Japan" gemarkt sind. Ich habe Haji und Yonezawa und einen weiteren Hersteller, evlt. Sakai, Samudaja oder Bandaj.
Als größter Exot hat sich ein Bausatz einer Hunslet-Rangierlok zu mir verlaufen, gefertigt von Midland Line Models in Christchurch/Neuseeland. Produktionszeit dürfte iwo 1950-1960 gewesen sein, nach Zustand von Beschreibung und Verpackung zu urteilen.
Heutzutage fertigt noch Lutz Pohl (LuPo) aus Themar in Thüringen einige Kleinserien in Spur S. Oder man bedient sich der Plastespielbahnen von Fenfa bzw. Kolejki - zumindest zur Ersatzteilgewinnung.
Jetzt habt Ihr ca. 15 Jahre meines Sammeltriebes in Kurzform. Ich freue mich über jede Ergänzung oder Korrektur! Noch mehr würde ich mich über ein paar österreichische Modelle freuen - mache mir da aber wenig Hoffnung.
Fahrt Frei
Steffen
Vlt. sollte ich noch erwähnen, daß sich einige Modelle der Spur 0 sehr gut zum Umbau für Spur S eignen, weil sich die Hersteller früher eben nicht korrekt an die Maßstäbe gehalten haben. Bing, Bub, Biller, Distler, Wimmer und LR machen sich da ganz gut. So findet man heute auch Modelle, die sich nicht mehr korrekt zuordnen lassen. Gerade bei den nürnberger Herstellern ist nicht ganz klar, ob sie sich selber in Spur S versucht haben, ob sie Zulieferer von Bub waren und nach 1958 nur Restteile zu vermarken versuchten oder ob sich geschickte Bastler da zu schaffen machten, um dem eigentlich recht übersichtlichen Sortiment noch etwas beizustellen.