Hi,
sowas ähnliches habe ich vor einigen Jahren gemacht:
Wir schreiben das „fiktive“ Jahr 1980. Paris gar de Nord. Aus der großen Halle des Bahnhofs fährt ein ganz besonderer Zug aus: Der „Nostalgie Pullman & Orientexpress“ geht auf Reisen. Die Traditionslok 241 P 7 hat die Aufgabe der Zugförderung. Am Haken hat sie Salonwagen, Speisewagen, Schlafwagen feinster Sorte und zur Verstärkung zwei Mitropa Schlafwagen aus dem Sonderwagenpool.
(Etwas später in Brüssel Midi, wird ein ähnlicher Zug beginnen.) Organsiert haben den Zug Eisenbahnfreunde aus mehreren Ländern, die sich in später zu Zeiten in einer elektronischen Einrichtung namens Internet zusammenfinden. Erstes großes Ziel ist die goldene Stadt an der Moldau. Doch der Zug wird nicht den direkten Weg nehmen, denn der Weg ist das Ziel. Fahren wir mit. Unterwegs wird als Überraschungsgast die frisch instandgesetzte 231 K 72 vorgespannt.
Mit diesen beiden Edelrennern geht es, immer wieder durch Fotohalte garniert nordwärts gen belgische Grenze. Ab dort übernimmt die Viersystemlok CC 40101 der SNCF den Zug.
Es ist schon dunkel, als auf einem kleinen Bahnhof in Belgien der Zug aus Paris und der aus Brüssel vereinigt werden.
Die bisherige Zuglok des Brüsseler Zugteils wird Vorspannlok, da sie auch nach Deutschland fahren darf. In Aachen angekommen, spannen die beiden Loks ab. Eine einzelne 218 der Deutschen Bundesbahn spannt vor. Eigentlich war eine Doppeltraktion vorgesehen, die jedoch ausfiel. Also sprang eine 221 des Bw Oberhausen kurzfristig als Schiebelok ein.
Oberlokführer Lewandowski hat mit seiner 221 noch nie so einen hochwertigen Zug weder geschoben noch gezogen. Meist gehören schwere Kohle- und Stahlzüge zum täglichen Brot seiner V200. Als er in seinem Dispodienst vom Lokleiter die Zugnummer hörte, konnte er sich erstmal gar nichts darunter vorstellen, welche Leistung er zu schieben bekommt. Irgendwo erreicht ihn die Weisung von der Oberzugleitung als Zuglok weiter zu fahren und die 218 als Vorspanne, da seine Streckenkenntnis nicht soweit reicht.
Durch die Nacht geht es unaufhörlich ostwärts. Irgendwo ist Personalwechsel. Kollegen vom Bw Braunschweig übernehmen die Fuhre. Man hatte sogar noch einen Lokführer aufgetrieben, der V200 Berechtigung hat. Von alledem bekommen die Fahrgäste nichts mit. Bis spät in die Nacht wurden die Angebote in den Salon- und Speisewagen genossen. Die Kontrollen an den Grenzen waren nur zuzwinkern und Stempel in die Pässe und fertig.
Inzwischen ist es zeitiger Morgen. Man trifft sich zum Frühstück in den Speisewagen. In Wolfsburg spannt die 221 ab. Die 218 übernimmt nun allein den Zug.
Weit hat sie es nicht mehr. Es wird eine Grenze überquert. Oebisfelde steht auf den Schildern des weitgehend eingezäunten Bahnhofs. Der Zug kommt zum Halten. Die Passkontrolleinheit, der Zoll und Mitarbeiter der Notenbank der DDR steigen ein. Auch hier sind die Kontrollen schnell, hat doch ein solcher Sonderzug, der auch maßgeblich von verschiedensten Einrichtungen der DDR mit ermöglicht wurde, höchste Priorität. Schließlich will man sich weltoffen zeigen. Nebenan dampft es. Die 03 2157 vom Bw Magdeburg Hbf schickt sich an, die 218 abzulösen.
Sogar fotografieren beim Umspannen ist möglich.
In gemütlicher Fahrt über Haldensleben werden Fotohalte gemacht. Das Ziel ist Magdeburg. Man wird im Hotel übernachten, natürlich nicht vorher die Altstadt mit dem Dom zu besichtigen zu vergessen.
Am nächsten Morgen werden dem Zug zwei historische Reisezugwagen und ein Speisewagen von der Zuglok, der Raw-frischen E44 131 beigestellt. Im Vorfeld der Organisation gab es heftige Proteste verschiedener Bezirksvorstände des Deutschen Modelleisenbahner Verbandes der DDR: Man war überhaupt nicht einverstanden, dass die Mitglieder organsierend und Sonderdienste schiebend arbeiten sollen, aber niemand sonst was von diesem besonderen Zug haben darf. Schließlich einigte man sich so. Im deutschen Speisewagen wurden regionale Köstlichkeiten gekocht. Auch die in Magdeburg dazugekommenen Gäste durften in den Speisewagen aus Paris und Brüssel speisen. Man verrechnete anschließend null auf null. Eine übliche Verfahrensweise er Kompensation. Die E44 brachte den Zug in flotter Fahrt nach Leipzig. Rein in die Halle, fatsch – Bügel runter – Lautsprecherdurchsage „Leibzisch Haubbahnhof hier Leibzisch Haubbahnhof, wir begrüßen Sie herzlich in der Messestadt Leibzisch“.
Am Zugschluß machte sich eine tuckernde Diesellok zu schaffen, die sofort Aufsehen der Fahrgäste erregte. 107 004 des Bw Leipzig West soll den Zug zur Abstellung bringen, denn das Programm sah Stadtrundfahrt mit historischen Straßenbahnen und anschließende Übernachtung im „Astoria“ vor. Natürlich gibt es am Abend ein Programm rund um Johann Sebastian Bach.
Am anderen Morgen bringt eine Babelsberger 106 den Zug in die Halle. Bespannt wird der Zug nun mit einer 01.5 Öl, die den morgentlichen Schnellzug Saalfeld/ Saale – Berlin bis Leipzig brachte. Die Rückleistung nach Saalfeld übernimmt die Disporeserve des Bw Leipzig Süd in Form einer 118. Die 01.5 bringt den Zug bis Zwickau (Sachs) Hbf. Dort wird umgespannt auf die Traditionslok 50 849. Die Schlafwagen werden abgehangen. Dann geht es ins Gebirge. In Aue angekommen, wird der Zug geteilt, da auf nun anstehenden Streckenabschnitten die Gleislängen nicht reichen und die Lasten für die Triebfahrzeuge überschritten werden. Der erste Zugteil mit den Brüsseler Wagen bleibt bei der 50 849, während die Pariser und die DR Wagen von einer 50.35 gezogen werden. Eine 86er schiebt nach. In Schwarzenberg wird nochmals Wasser genommen. Die 86er wird Zuglok, die 50.35 schiebt nach. Unterwegs überholen sich die beiden Züge gegenseitig mit Lokwechsel. Die 50 849 verabschiedet sich. Nun kommt einer der weiteren Knaller der Fahrt ins Spiel: Einer 75.5! Sie wird sofort auch von den Fotografen dicht umlagert, ist es doch die älteste Lok, die bei dieser Fahrt eingesetzt wird! In Zschopau werden beide Zugteile vereinigt und gemeinsam von 50.35 und 86er bespannt.
Bald fädelt man aus dem Zschopautal aus. „Flö-ha hier Flö-ha“ quäkt es aus dem Lautsprecher. Nebenan steht eine E94, die die Schlafwagen über die Hauptbahn hierher gebracht hat. Der Zug wird neu zusammenrangiert. Die E94 übernimmt die Traktions bis Dresden. Das abendliche Highlight ist die Überfahrt über den Hetzdorfer Viadukt.
In den Dresden angekommen, strömen die Gäste müde und mit Eindrücken „vollgepumpt“ ins Hotel „Newa“ direkt am Haupfbahnhof. Für die 106, die den Zug nach Altstadt zur Abstellung bringt hat keiner ein Auge mehr…
Am übernächsten Nachmittag steht der Zug in Dresden Hbf oben. Die letzte betriebsfähige Görlitzer 03 hat schon vorgespannt und wird den Zug nach Bodenbach (Decin) bringen.
Vorbei an den Felsen des Elbsandsteingebirges geht es entlang der Elbe. Grenzkontrolle in Bad Schandau – wieder Formsache. Es ist Abend geworden, als der Zug durch Niedergrund und bald durch die Schäferwand in Decin einfährt. Die 03 spannt ab. Die E499.2026 des CSD wird die nun folgende Nachtfahrt nach Prag übernehmen. Irgendwo wird man unterwegs einige Stunden abstehen, um die Nachtruhe zu ermöglichen. Am frühen Morgen erreicht unser „Nostalgie Pullman & Orientexpress“ die goldene Stadt an der Moldau. Lokführer Pavel Klaus läßt es sich nicht nehmen, seine Zuglok selber abzuhängen. Er setzt um auf das Nachbargleis und stellt seine E499 ab. Mit dem Fotoapparat „bewaffnet“ hält er jeden Wagen einzeln im Bild fest. Er und sein Zugführer werden von ihren Ehefrauen abgeholt. Schließlich sieht man solch einen Zug nicht alle Tage. Eine T334 wird den Zug zum Abstellen bringen. Die Gäste haben sich inzwischen längst in die Prager Altstadt „verdrückt“…
Euer Pikologe