Einstmals galt Italien neben Belgien als DAS Land der Überlandbahnen in Europa. Egal ob ländliche Regionen oder die Zentralräume um die großen Städte – überall waren die als „tranvia interurbana“ bezeichneten Bahnen in verschiedensten Ausprägungen in Betrieb. Zahlreiche Varianten zeigten eine unglaubliche Vielfalt, von der klassischen Straßenbahn im Vorortverkehr bis zur schnellfahrenden, vollbahnähnlichen Lokalbahn, oft sogar mit Güterverkehr im Austausch mit der Staatsbahn. Die meisten Bahnen verschwanden in Wellen vor und nach dem 2. Weltkrieg, manche konnte sich noch bis in die 1970er Jahre behaupten.
Mailand galt einst als ein Zentrum diese Kategorie im Nahverkehr. Ab 1876 entwickelten sich hunderte Kilometer Überlandbahnen rund um die Stadt von denen die viele 1939 vom städtischen Verkehrsbetrieb ATM übernommen wurden. Ab den 1950er Jahren begann die Umstellung jeweils von ganzen Liniengruppen auf Autobus. Letztes Relikt waren die nach Norden ausfallenden Linien der „Brianza Gruppe“ mit den Endpunkten Carate Brianza, Milanino und Limbiate Ospedale. Doch auch hier war die politisch gewollte Einstellung (warum soll der städtische Verkehrsbetrieb Bahnen im Umland betreiben?!) nicht aufzuhalten. 1982 wurde die Strecke von Carate Brianza bis Desio zurückgezogen, 1999 die kurze Zweigstrecke nach Milanino eingestellt und 2011 die Strecke Milano – Desio aufgelassen. Den meisten der Streckenstillegungen waren typische Merkmale gemeinsam:
Die Endpunkte der Überlandbahnen wurden immer weiter vom Stadtzentrum in die Außenbezirke verdrängt und damit die Fahrgäste zum Umsteigen gezwungen
Die Erhaltung der Infrastruktur wurde sträflich vernachlässigt sodass oftmals behördliche Maßnahmen unumgehbar waren
Parallel verkehrende Autobuslinien fuhren den Bahnen „die Butter vom Brot“
Seit den 1950er Jahren wurden keine neuen Fahrzeuge beschafft
Gegen die Übergriffigkeiten des Individualverkehrs gegenüber den Bahnen wurden keine behördlichen und/oder polizeilichen Maßnahmen gesetzt
Die Einstellungen wurden mit Modernisierungsmaßnahmen begründet, welche aber natürlich unterblieben.
Als letzte Vertreterin ihrer Art hielt sich die Strecke nach Limbiate Ospedale. In Scheiben wurde diese ab 1999 an den Stadtrand zurückgezogen, um letztlich zum Inselbetrieb mit Anschluss an die Metro Linie 3 in Comasina zu verkommen.
Ab 2012 gab es massive Betriebseinschränkungen, und die Züge verkehrten ab 2017 nur mehr in den Hauptverkehrszeiten auf der 11,6 km langen Reststrecke mit dem Betriebsmittelpunkt am Betriebsbahnhof Varedo. Am 30. September 2022 schlug das letzte Stündchen für die letzte Vertreterin ihrer Gattung in ganz Italien, wobei weltweit die Zeit der Interurbans wohl schon lange vorbei ist – Ausnahmen wie die TraunseeTram zwischen Gmunden und Vorchdorf oder die Strecken der Budapester Lokalbahn sind dabei wohl die Ausnahmen. Natürlich betont auch zwischen Milano und Limbiate die lokale Politik die Bedeutung des elektrischen Schienenverkehrs in Zeiten des Klimawandels, auch hier soll es zu einer Modernisierung und Attraktivierung des Schienenverkehrs kommen – die Ernsthaftigkeit ist jedoch in Anbetracht hunderter km „provisorisch“ eingestellter, elektrischer Bahnen in Frage zu stellen!
Die „treni bloccati“ sind fix gekuppelte Wendezüge bestehend aus 2 Steuerwagen und einem mittig gereihten Triebwagen ohne Führerstand mit einer Motorleistung von 4x76 kW; die Züge entstanden 1965 durch Umbau von Triebwagen und Beiwagen der Serien 500 bzw.300 aus 1953. Hier kreuzen die Züge 536 und 550 in Cassina Amata Raddoppi
Blick auf den klassischen TIBB Fahrschalter des Tw 92 für stehende Bedienung
Bis 2017 verkehrte in der Früh/HVZ noch ein klassischer Zug mit Triebwagen und 4 Beiwagen. Hier Tw 92 vom Typ „ Reggio Emilia“, Bj. 1928 (Reggiane/TIPP), mit Brill Drehgestellen und einer Motorleistung von 4x78 kW und einer Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h abgelichtet in Cormano Molinazzo
Wendezug 535 erwartet die Abfahrt im Endpunkt Limbiate Ospedale
Fotos & Text: Gunter Mackinger
Mailand galt einst als ein Zentrum diese Kategorie im Nahverkehr. Ab 1876 entwickelten sich hunderte Kilometer Überlandbahnen rund um die Stadt von denen die viele 1939 vom städtischen Verkehrsbetrieb ATM übernommen wurden. Ab den 1950er Jahren begann die Umstellung jeweils von ganzen Liniengruppen auf Autobus. Letztes Relikt waren die nach Norden ausfallenden Linien der „Brianza Gruppe“ mit den Endpunkten Carate Brianza, Milanino und Limbiate Ospedale. Doch auch hier war die politisch gewollte Einstellung (warum soll der städtische Verkehrsbetrieb Bahnen im Umland betreiben?!) nicht aufzuhalten. 1982 wurde die Strecke von Carate Brianza bis Desio zurückgezogen, 1999 die kurze Zweigstrecke nach Milanino eingestellt und 2011 die Strecke Milano – Desio aufgelassen. Den meisten der Streckenstillegungen waren typische Merkmale gemeinsam:
Die Endpunkte der Überlandbahnen wurden immer weiter vom Stadtzentrum in die Außenbezirke verdrängt und damit die Fahrgäste zum Umsteigen gezwungen
Die Erhaltung der Infrastruktur wurde sträflich vernachlässigt sodass oftmals behördliche Maßnahmen unumgehbar waren
Parallel verkehrende Autobuslinien fuhren den Bahnen „die Butter vom Brot“
Seit den 1950er Jahren wurden keine neuen Fahrzeuge beschafft
Gegen die Übergriffigkeiten des Individualverkehrs gegenüber den Bahnen wurden keine behördlichen und/oder polizeilichen Maßnahmen gesetzt
Die Einstellungen wurden mit Modernisierungsmaßnahmen begründet, welche aber natürlich unterblieben.
Als letzte Vertreterin ihrer Art hielt sich die Strecke nach Limbiate Ospedale. In Scheiben wurde diese ab 1999 an den Stadtrand zurückgezogen, um letztlich zum Inselbetrieb mit Anschluss an die Metro Linie 3 in Comasina zu verkommen.
Ab 2012 gab es massive Betriebseinschränkungen, und die Züge verkehrten ab 2017 nur mehr in den Hauptverkehrszeiten auf der 11,6 km langen Reststrecke mit dem Betriebsmittelpunkt am Betriebsbahnhof Varedo. Am 30. September 2022 schlug das letzte Stündchen für die letzte Vertreterin ihrer Gattung in ganz Italien, wobei weltweit die Zeit der Interurbans wohl schon lange vorbei ist – Ausnahmen wie die TraunseeTram zwischen Gmunden und Vorchdorf oder die Strecken der Budapester Lokalbahn sind dabei wohl die Ausnahmen. Natürlich betont auch zwischen Milano und Limbiate die lokale Politik die Bedeutung des elektrischen Schienenverkehrs in Zeiten des Klimawandels, auch hier soll es zu einer Modernisierung und Attraktivierung des Schienenverkehrs kommen – die Ernsthaftigkeit ist jedoch in Anbetracht hunderter km „provisorisch“ eingestellter, elektrischer Bahnen in Frage zu stellen!
Die „treni bloccati“ sind fix gekuppelte Wendezüge bestehend aus 2 Steuerwagen und einem mittig gereihten Triebwagen ohne Führerstand mit einer Motorleistung von 4x76 kW; die Züge entstanden 1965 durch Umbau von Triebwagen und Beiwagen der Serien 500 bzw.300 aus 1953. Hier kreuzen die Züge 536 und 550 in Cassina Amata Raddoppi
Blick auf den klassischen TIBB Fahrschalter des Tw 92 für stehende Bedienung
Bis 2017 verkehrte in der Früh/HVZ noch ein klassischer Zug mit Triebwagen und 4 Beiwagen. Hier Tw 92 vom Typ „ Reggio Emilia“, Bj. 1928 (Reggiane/TIPP), mit Brill Drehgestellen und einer Motorleistung von 4x78 kW und einer Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h abgelichtet in Cormano Molinazzo
Wendezug 535 erwartet die Abfahrt im Endpunkt Limbiate Ospedale
Fotos & Text: Gunter Mackinger